Wer viel unterwegs ist weiß: es ist überall ein wenig anders auf der Erde. Doch auch unter der Erde gleicht keine Region der anderen. Das erklärt uns Hr. Link von der Deutschen Erdwärme bei unserem Besuch am Bohrplatz in Graben-Neudorf. Was heißt: in Graben-Neudorf wird gebohrt, weil dort die idealen Bedingungen für Wärme- und Stromgewinnung aus Tiefengeothermie bestehen: ein vergleichsweise hoher Wärmegradient von knapp 6 K pro 100 m Tiefe und weiches, durchlässiges Gestein (d.h. Buntsandstein und Muschelkalk) im Bereich um 4.000 m Tiefe. Darüber hinaus gibt es am Standort dreidimensionale Seismik-Daten, weshalb die Lage des Thermalwasserreservoirs bekannt ist und man die Bohrung keinesfalls als „Schatzsuche“ bezeichnet kann. Das Risiko von durch die Bohrung induzierter Erdbewegung ist am Standort äußerst gering, da das weiche Gestein nicht in der Lage ist, große Spannungen aufzunehmen. Verlässt sich die Deutsche Erdwärme darauf und bohrt nun munter einfach los? Keinesfalls! Zum Schutz sind in einem Umkreis von 5 km um die Bohrung empfindliche Echtzeitseismometer installiert und die Bohrung wird sofort unterbrochen, wenn diese eine Grenze von 0,35 mm/s überschreiten, was noch vor dem spürbaren Bereich liegt. Die Messwerte kann jeder auf der Webseite der Deutschen Erdwärme einsehen. Zum Schutz des Trinkwasser gibt es einen mehrwandigen Bohrungsaufbau in den oberen Schichten, ein Multi-Barriere-Konzept. Ein Bohrloch ist bereits fertig, ein zweites muss noch gebohrt werden, damit das Thermalwasser im Kreislauf geführt werden kann. Lithium ist zwar im Thermalwasser enthalten, doch eine Gewinnung ist in Graben-Neudorf aus wirtschaftlichen und regulatorischen Gründen derzeit nicht vorgesehen.

Gebannt lauschen wir, wie Hr. Link erzählt, wie der Bohrtisch die 13 m langen Stäbe zusammenschraubt und der mit künstlichen Diamanten besetzte Bohrkopf allein durch Rotation und Gewicht des Materials mithilfe der Spülflüssigkeit in die Tiefe vordringt. Einen Bohrkopf können wir uns anschauen, doch der Bohrturm ist aktuell nicht vor Ort, da Miete eines solchen zu teuer ist, um ihn stehen zu lassen, wenn eine Weile nicht gebohrt wird. Das macht Lust auf einen zweiten Besuch, wenn das zweite Loch gebohrt wird!
Wir danken der Deutschen Erdwärme für die vielen Infos und der VHS Bruchsal für die Unterstützung bei der Organisation.